1. Kündigung wegen Weigerung zu COVID-Tests
Der Kläger war seit 23. 2. 2009 bei der Beklagten als Diplomkrankenpflegeperson angestellt. Die Beklagte betreibt ein Alten- und Pflegeheim mit rund 120 Wohneinheiten, in dem der Kläger zuletzt in der Funktion eines Bereichsverantwortlichen-Stellvertreters tätig war. Mit Schreiben vom 26. 11. 2020 kündigte die Beklagte das Dienstverhältnis zum 28. 2. 2021 auf. Der Grund für die Auflösung des Dienstverhältnisses war die Weigerung des Klägers, sich entsprechend der Anweisung des Dienstgebers einmal wöchentlich – unabhängig von Krankheitssymptomen – auf Kosten des Dienstgebers einem Antigen-Test oder einer molekularbiologischen Testung auf SARS-CoV-2 zu unterziehen.
Der Dienstgeber stützte seine Forderung in mehreren Gesprächen mit dem Kläger auf die Verpflichtung nach § 10 Abs 4 COVID-19-Notmaßnahmen-Verordnung, und die schutzbedürftige Bewohnerschaft. Der Kläger verblieb jedoch bei seiner Weigerung.
Der Kläger hat sich zum Tragen einer FFP2-Maske während der Arbeit bereit erklärt. Ihm war bekannt, dass schon damals eine Betriebsvereinbarung bestand, wonach auf Kosten des Dienstgebers im Betrieb der Beklagten die wöchentlichen Testungen, wie in der genannten Verordnung vorgesehen, durchgeführt werden. Der Kläger hat die Testungen nicht deshalb verweigert, weil hierbei ein Nasenabstrich genommen wird, sondern weil er die „Sinnhaftigkeit des Tests in Zweifel zog“.
Der Kläger begehrte die Rechtsunwirksamerklärung der Kündigung. Die Testung sei berechtigt verweigert worden. Es liege daher ein verpöntes Motiv vor.
Der Oberste Gerichtshof wies die Klage – wie auch die Vorinstanzen – ab und führte dazu folgendes aus:
Eine erfolgreiche Anfechtung der Kündigung wegen einem verpönten Motiv setzt voraus, dass die Geltendmachung von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer nicht offenbar unberechtigt ist. Der Motivkündigungsschutz soll nicht schon bei haltlosen Behauptungen greifen
10 Abs 4 der am 17. 11. 2020 in Kraft getretenen COVID-19-NotMV lautete wie folgt:
- „Der Betreiber von Alten- und Pflegeheimen darf Mitarbeiter nur einlassen, wenn diese durchgehend eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende und eng anliegende mechanische Schutzvorrichtung tragen. Der Betreiber von Alten- und Pflegeheimen darf Mitarbeiter ferner nur einlassen, wenn für diese einmal pro Woche ein Antigen-Test auf SARS-CoV-2 oder ein molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 durchgeführt wird und dessen Ergebnis negativ ist. Im Fall eines positiven Testergebnisses kann das Einlassen abweichend davon dennoch erfolgen, wenn
- jedenfalls mindestens 48 Stunden Symptomfreiheit nach abgelaufener Infektion vorliegt und
- auf Grund der medizinischen Laborbefunde, insbesondere aufgrund des CT-Werts >30, davon ausgegangen werden kann, dass keine Ansteckungsgefahr mehr besteht.
Stehen Tests nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung, sind vorrangig Mitarbeiter mit Bewohnerkontakt zu testen.“
Zum hier maßgeblichen 26. 11. 2020 gehörte § 10 Abs 4 COVID-19-NotMV dem Rechtsbestand an. Die vom Kläger (bloß unsubstantiiert) geäußerten Bedenken an der Verfassungsgemäßheit dieser Verordnung gehen ins Leere, weil auch verfassungswidrige Verordnungen bis zu deren Aufhebung durch den VfGH anzuwenden sind. Hinzu kommt, dass sich die hier maßgebliche Verpflichtung wohl auch aus der Verantwortung des Heimbetreibers für die Gesundheit der Heimbewohner rechtfertigen lässt.
Die Beklagte als unmittelbare Adressatin der VO war zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung daher verpflichtet, dem Kläger ohne Vorliegen eines negativen Testergebnisses das Betreten der Betriebsstätte zu verwehren, ohne dass es ihr frei stand, sich mit der Bereitschaft des Klägers zum Tragen einer FFP2-Maske oder seiner Beteuerung, gesund zu sein, zu begnügen.
Umgekehrt ergab sich (schon) aus dieser Verordnung eine zumindest mittelbare Verpflichtung des Klägers, sich den von der Beklagten angeordneten (für ihn kostenfreien) Tests zu unterziehen, damit die Beklagte ihn weiter im Alten- und Pflegeheim beschäftigen und er seinem Arbeitsvertrag nachkommen konnte.
Die (beharrliche) Weigerung des Klägers, sich auf Kosten der Beklagten den von ihr im Sinn des § 10 Abs 4 COVID-19-NotMV angeordneten regelmäßigen Tests zu unterziehen, war daher offenbar unbegründet. In der daraufhin durch die Beklagte ausgesprochenen Kündigung (OGH 14.9.2021, 8 ObA 42/211s).
2. Vordienstzeiten als Arbeiterin
Die Klägerin war bei der Beklagten von 17. 9. 2018 bis 15. 12. 2019 beschäftigt, und zwar zunächst als Arbeiterin und ab 1. 5. 2019 als Angestellte. Anlässlich des Wechsels der Klägerin in das Angestelltenverhältnis wurde in einer neuen Vertragsurkunde vom 17. 4. 2019 hinsichtlich „Beginn und Dauer“ festgehalten: „Das Dienstverhältnis begann am 17. 9. 2018 als Arbeiterin in der Abteilung Bewachung. Ab 1. 5. 2019 wird das Dienstverhältnis in ein Angestelltendienstverhältnis umgewandelt.“
Von 21. 6. 2019 bis zumindest 15. 12. 2019 befand sich die Klägerin im Krankenstand. Die Beklagte zahlte ihr an Entgeltfortzahlung ab Beginn des Krankenstands über sechs Wochen (bis 1. 8. 2019) das volle und über weitere vier Wochen (bis 30. 8. 2019) das halbe Entgelt.
Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin eine weitere Entgeltfortzahlung für den Zeitraum von 17. 9. 2019 bis 15. 12. 2019. Da ihr zweites Arbeitsjahr mit 17. 9. 2019 begonnen habe, habe sie ab diesem Zeitpunkt einen weiteren Anspruch auf ein volles Entgeltfortzahlungskontingent von acht Wochen voller und vier Wochen halber Entgeltfortzahlung erworben. Zwischen den Parteien habe seit 17. 9. 2018 durchgehend ein einheitliches Dienstverhältnis bestanden.
Der beklagte Arbeitgeber machte zum einen geltend, dass die Parteien mit Übernahme der Klägerin in das Angestelltenverhältnis ein neues Dienstverhältnis abgeschlossen hätten, und zum anderen, dass Vordienstzeiten eines Arbeiterdienstverhältnisses beim selben Dienstgeber nicht auf Anspruchszeiträume anzurechnen seien.
Der Oberste Gerichtshof musste sich mit dieser Frage erstmal auseinandersetzen und kam zu folgendem Ergebnis:
Als „Dienstzeiten“ für die Berechnung der Entgeltfortzahlungsansprüche gelten grundsätzlich sämtliche Zeiten des aufrechten Arbeitsverhältnisses zum selben Arbeitgeber, also auch Zeiten des Arbeitnehmers als Arbeiter. Eine unterschiedliche Behandlung von Arbeiter- und Angestelltendienstzeiten ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus der Intention des Gesetzgebers, das Entgeltfortzahlungsrecht der Angestellten und Arbeiter anzugleichen.
Zusammengefasst sind als „Dienstzeiten“ grundsätzlich sämtliche Zeiten des aufrechten ununterbrochenen Dienstverhältnisses zum selben Dienstgeber zu verstehen, also auch Zeiten des Dienstnehmers als Arbeiter. Das neue Arbeitsjahr der Klägerin begann im vorliegenden Fall daher am 17. 9. 2019. Mit diesem Zeitpunkt hat die Klägerin einen neuen Entgeltfortzahlungsanspruch. Die Klägerin bekam also mit ihren Ansprüchen recht (OGH 28.7.2021, 9 ObA 72/21k).
3. Konkurrenzklausel in einer Auflösungsvereinbarung
In einer Auflösungsvereinbarung eines Dienstverhältnisses wurde auf die Gültigkeit einer im Jahr 2002 geschlossenen Konkurrenzklausel (nachvertragliches Wettbewerbsverbot) verwiesen.
Strittig war in der Folge, ob diese Konkurrenzklausel zwischen den Vertragsparteien wirksam war. In zwei Gesetzesänderungen aus dem Jahr 2006 und 2015 wurden die Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Konkurrenzklausel nämlich verschärft, indem insbesondere eine entsprechende Entgelthöhe für die Wirksamkeit derartiger Klauseln eingeführt wurde. Die Neuregelungen galten allerdings nur für Vereinbarungen, die nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderungen abgeschlossen wurden.
Der Oberste Gerichtshof musste entscheiden, ob es sich im konkreten Fall um eine „neu abgeschlossene Vereinbarung“ handelte oder nicht und kam zu dem Ergebnis, dass dies nicht der Fall war.
War eine Konkurrenzklausel nämlich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der einen oder anderen Novelle bereits vorhanden und wird diese unverändert in einen neuen Dienstvertrag (oder den Auflösungsvertrag) überführt, liegt in der Regel keine „neu abgeschlossene Vereinbarung über eine Konkurrenzklausel“ im Sinne der Übergangsregelungen vor. Gleiches gilt, wenn die bereits bestehende Konkurrenzklausel, sei es in Hinsicht auf das Konkurrenzverbot, sei es in Hinsicht auf die Vertragsstrafe, bloß abgemildert wird, weshalb es in diesem Fall bei der Maßgeblichkeit der alten Rechtslage (ohne bestimmte Entgelthöhe als Wirksamkeitsvoraussetzung) bleibt (OGH 25.6.2021, 8 ObA 28/21g).
4. Abgeltungszahlung für Einhaltung einer Konkurrenzklausel
Ein Arbeitnehmer hatte in seinem Dienstvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot (Konkurrenzklausel) vereinbart, wonach es ihm untersagt war, ein Jahr nach Beendigung des Dienstverhältnisses für ein konkurrenzierendes Unternehmen zu arbeiten. Nach den gesetzlichen Regelungen ist eine derartige Konkurrenzklausel bei Arbeitnehmerkündigung wirksam, ohne dass der Arbeitgeber für den Zeitraum der Konkurrenzklausel eine Zahlung an den Arbeitnehmer (sogenannte Karenzentschädigung) zu leisten hat.
Es steht den Parteien des Arbeitsvertrags aber frei, auch für diesen Fall der Arbeitnehmerkündigung auf freiwilliger Basis die Zahlung einer Abgeltung durch den Arbeitgeber für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots (Karenzentschädigung) zu vereinbaren. Diese kann auch niedriger sein als das zuletzt bezogene Entgelt.
Eine Anrechnung dessen, was sich der Arbeitnehmer infolge Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben verabsäumt hat, ist im österreichischen Recht iZm der Konkurrenzklausel bzw dem Wettbewerbsverbot nicht vorgesehen (OGH 29.4.2021,9 ObA 3/21p).
5. Stichtagsregelung bei Prämien?
In einer aktuellen Entscheidung musste sich der Oberste Gerichtshof damit auseinandersetzen, ob sogenannte Stichtagsregelungen (Voraussetzung eines ungekündigten Dienstverhältnisses zu einem bestimmten Stichtag) bei Prämienzahlungen zulässig sind. Konkret wurde die Prämie davon abhängig gemacht, dass sie nur jenen Mitarbeitern zustehen sollte, die zum Zeitpunkt der Auszahlung an einem aufrechten, ungekündigten Dienstverhältnis standen und mindestens 6 Monate im vergangenen Geschäftsjahr mitgewirkt hatten.
Am 1.10.2020 erfolgte eine Betriebsmitteilung über eine Prämie für das Geschäftsjahr 2019, dies unter Ankündigung, dass die Auszahlung gemeinsam mit dem November-Entgelt erfolge. Der Kläger war zwar seit 1. 2. 2019 im Unternehmen beschäftigt, das Arbeitsverhältnis endete aber zum 31. 1. 2020 durch Arbeitnehmerkündigung. Die Arbeitgeberin verweigerte daher dem Kläger die Auszahlung der Prämie unter Hinweis darauf, dass es an einem unaufgekündigten Dienstverhältnis fehle. Dies war nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes zulässig:
Im Unterschied zu früheren Fällen hat die beklagte Arbeitgeberin im vorliegenden Fall nicht – um die Belegschaft bzw konkret den Kläger anzuspornen – vor Beginn eines bestimmten Zeitraums kundgetan, bei Erreichung etwa ganz bestimmter wirtschaftlicher Kennzahlen in diesem Zeitraum eine Prämie oder Provision oder Bonifikation auszuzahlen. Sie hat vielmehr immer erst im Nachhinein – nach einer von ihr pauschal vorgenommenen Beurteilung – das vergangene Geschäftsjahr als zufriedenstellend oder positiv bezeichnet und unter Hinweis darauf erklärt, sich mit der Prämie beim Firmenpersonal zu bedanken, und dies jeweils mit einem Unverbindlichkeitsvorbehalt. Dem Kläger stand daher keine Prämie zu (OGH 25.6.2021, 8 ObA 33/21t).
6. Zustandekommen einer schlüssigen Urlaubsvereinbarung
Eine Arbeitnehmerin unterzeichnete eine Ausbildungsvereinbarung, wonach die Arbeitgeberin die Kosten der Ausbildung trägt und von der Gesamtausbildungszeit von insgesamt 15 Wochen 7 Wochen als Dienstzeit angerechnet werden: Es bestand Einigkeit darüber, dass die restliche Ausbildungszeit nicht als Dienstzeit angerechnet wird, die Arbeitnehmerin dafür aber auch nicht ohne Entgeltanspruch karenziert werden soll, sondern dafür Urlaub nehmen soll. Dadurch kam – so der Oberste Gerichtshof – eine schlüssige Urlaubsvereinbarung hinsichtlich jener nicht auf die Dienstzeit angerechneten Wochen zustande, in denen die Arbeitnehmerin die Ausbildung tatsächlich absolvierte.
Kommt es zwischen den Arbeitsvertragsparteien im Rahmen einer Ausbildungsvereinbarung zum Abschluss einer schlüssigen Urlaubsvereinbarung, in der ausdrücklich auf den Verbrauch von Urlaub Bezug genommen wird und die auch inhaltlich die wesentlichen Elemente einer Urlaubsvereinbarung enthält, so hatte die Arbeitnehmerin auch tatsächlich die Möglichkeit den bezahlten Jahresurlaub anzutreten und ist kein Verhalten der Arbeitgeberin ersichtlich, mit dem sie sich ihrer „Urlaubssorgepflicht“ entzogen hätte. Bestreitet die Arbeitnehmerin viele (hier: rund 20) Jahre später den Urlaubsverbrauch, so ist der Urlaub überdies bereits verjährt und ist die Rechtsprechung des EuGH, wonach ein Verfall des Urlaubsanspruchs dann nicht eintreten darf, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich nicht die Möglichkeit hatte, den Urlaub zu konsumieren, in dieser Fallkonstellation nicht anwendbar (OGH 27.5.2021, 9 ObA 88/20m).