Arbeitsrecht 12/2022

 

1.  Vorzeitiger Austritt 

Eine Reinigungskraft erschien an zwei aufeinanderfolgenden Arbeitstagen nicht zum Dienst, wobei sie sich am ersten Abend im dazugehörigen Lokal aufgehalten hatte, ohne ihren Dienst anzutreten. Danach brachte sie ihre Arbeitskleidung zurück und erklärte, nicht mehr zur Arbeit zu kommen. Dieses Verhalten lässt – so der Oberste Gerichtshof –bei objektiver Beurteilung selbst unter Anlegung eines strengen Maßstabs keinen Zweifel daran, dass sie das Arbeitsverhältnis durch vorzeitigen Austritt beenden wollte.

Zwar hatte zuvor der Geschäftsführer der Klägerin per SMS mitgeteilt hat, dass sie für den Fall, dass sie ihren Dienst nicht antritt, „umgehend gekündigt wird“. Diese Erklärung stellt aber weder eine Kündigung dar, noch hat in der Folge ein Gespräch zwischen den Parteien über eine Kündigung stattgefunden. Für den Geschäftsführer gab es daher keine Veranlassung, davon auszugehen, dass das Verhalten der Klägerin auf einem Missverständnis beruhte. Insbesondere hätte es für die Klägerin selbst im Fall einer Kündigung keinen Grund gegeben, ihren Dienst nicht während der Kündigungsfrist zu verrichten.

Damit bestand kein Anspruch auf die geltend gemachte Kündigungsentschädigung und auch für die beiden Tage davor, an denen die Klägerin unentschuldigt nicht zum Dienst erschienen ist, stand ihr kein Entgelt zu (OGH 22.2.2.22, 8 ObA 99/21y).

2.  Vergleich bei nicht strittigen Ansprüchen

Eine Mitarbeiterin schloss mit dem Arbeitgeber eine Auflösungsvereinbarung ab, in der sie sich damit einverstanden erklärte, dass mit der Dienstfreistellung alle offenen Urlaubsansprüche, Zeitguthaben und sonstigen Freistellungsansprüche, gleichgültig aus welchem Rechtsgrund, abgegolten sein sollten. Dies Ansprüche auf Urlaub und Zeitguthaben waren zwischen den Parteien aber nicht strittig. Die Mitarbeiterin klagte in der Folge Entgeltdifferenzen, die ihr auch zugesprochen wurden. Diese waren bei Abschluss der Auflösungsvereinbarung kein Thema zwischen den Parteien. Erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfuhr die Klägerin durch Beratung ihrer Interessenvertretung über die Unrichtigkeit der vom Arbeitgeber vorgenommenen Gehaltsabrechnung. Ausgehend davon lag hier aber kein Vergleich vor, der die eingeklagten Entgeltdifferenzen mitumfasst hätte.

Ein Vergleich ist nämlich die unter beiderseitigem Nachgeben einverständliche neue Festlegung strittiger oder zweifelhafter Rechte. Ein Recht ist dann strittig oder zweifelhaft, wenn die Parteien sich nicht darüber einigen können oder sich nicht im Klaren sind, ob oder in welchem Umfang es entstanden ist oder noch besteht. Der Zweck eines Vergleichs liegt vor allem in der Bereinigung einer zweifelhaften Rechtslage und damit in der Vermeidung oder Beilegung von Rechtsstreitigkeiten. Eine aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses getroffene abschließende Regelung über die gegenseitigen Ansprüche ist aber nur dann als Vergleich anzusehen, wenn die Vereinbarung auch zumindest noch ungewisse Rechte umfasst. Dies wurde im vorliegenden Fall aber vom Obersten Gerichtshof verneint (OGH 28. 9. 2022, 9 ObA 95/22v).

3.  Kürzung des All-in-Gehalts während der Elternteilzeit

Erste Rechtsprechung des OGH

Haben die Arbeitsvertragsparteien eine All-in-Vereinbarung abgeschlossen (hier: in der Form, dass im Dienstvertrag die Anzahl der Mehr- und Überstunden festgehalten ist, die pauschal mit dem jeweiligen Gehalt abgegolten werden, und nur darüber hinausgehende Mehrleistungen und sonstige Bezüge pauschal abgegolten sind), dann ruht während der Elternteilzeit (nur) jener Teil des Arbeitsentgelts, der über das Grundentgelt hinaus für die Leistung von Mehr- und Überstunden bezahlt wird, dh das Entgelt ist nur um jenen Betrag zu kürzen, der der konkret bestimmten Anzahl an im Gesamtentgelt enthaltenen Mehr- und Überstunden (samt Zuschlag) entspricht. Für die tatsächliche Leistung von Mehr- und Überstunden gebührt dem Elternteilzeitbeschäftigten die entsprechende Abgeltung, allerdings im Wege der Einzelverrechnung der erbrachten Mehrleistungen (OGH 28. 9. 2022, 9 ObA 83/22d).

4.  Ablehnung des Firmen-Pkw mit Privatnutzungsmöglichkeit

Einem Mitarbeiter (jetzt Kläger) wurde im Dienstvertrag zugesagt, dass er bis auf Widerruf unter Beachtung der geltenden Unternehmensrichtlinien einen Pkw als Dienstwagen erhält, den er auch für Privatfahrten nutzen darf. Der Kläger wollte allerdings jene Fahrzeuge, die ihm vom Arbeitgeber angeboten wurden, nicht nutzen, obwohl sie den Richtlinien entsprachen. Seiner Ansicht nach benötigte er im Hinblick auf seine vierköpfige Familie ein größeres Fahrzeug. Der Kläger teilte dem Arbeitgeber deshalb mit, dass er einen privaten Pkw erworben habe und kein Dienstfahrzeug benötige. Die Dienstfahrten wurden dem Kläger daraufhin mit dem amtlichen Kilometergeld vergütet.

Die vom Kläger nun beanspruchte Zahlung (weil ihm für seine privaten Fahrten kein Dienstwagen zur Verfügung gestellt wurde), wurde abgewiesen. Der OGH führt dazu aus:

Zum Entgelt zählt jede Leistung, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber dafür bekommt, dass er ihm seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt, also auch alle Arten von Naturalleistungen, wie zB die Zurverfügungstellung eines Dienstwagens zu privaten Zwecken.

Wird eine Geldleistung anstelle des vereinbarten Sachbezugs beansprucht, handelt es sich um ein Aliud.

Da der Kläger die vom Arbeitgeber angebotenen Dienstfahrzeuge in Anspruch nehmen hätte können, dies aber abgelehnt hat, steht ihm aber kein Ersatz des Geldwerts zu.

Es wäre dem Kläger möglich gewesen, ein Fahrzeug aus dem Fahrzeug-Pool des Unternehmens – auch zu privaten Zwecken – zur Nutzung in Anspruch zu nehmen. Da der Kläger diese vertraglich vereinbarte Zurverfügungstellung eines Dienstwagens auch zu privaten Zwecken aber ablehnte, steht ihm ein Geldersatz für private Fahrten mit dem eigenen Fahrzeug nicht zu (OGH 30. 8. 2022, 8 ObA 52/22p).

 

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