Rechtsprechung 07/08

Rechtsprechung

1. Unklare Befristungsvereinbarung

Ein Arbeitgeber befristete das Dienstverhältnis eines Mitarbeiters schriftlich „für die Dauer der Abwesenheit“ einer Mitarbeiterin. Gleichzeitig erklärte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer anlässlich der Vereinbarung jedoch, dass diese Mitarbeiterin bis zu einem kalendermäßig bestimmten Tag in Karenz sei. Daher war – so der Oberste Gerichtshof – von einer Befristung bis zu diesem Tag auszugehen, selbst wenn das Dienstverhältnis mit der karenzierten Mitarbeiterin vorher endet (OGH 3.4.2008, 8 Ob A 79/07m).

2. Berechnung der Erfindervergütung

Zur Ermittlung der einem Arbeitnehmer für eine Diensterfindung zustehenden Vergütung (Erfindervergütung) sind 3 Methoden möglich:
. die Lizenzanalogie,
. nach dem erfassbaren betrieblichen Nutzen oder
. in Form der Schätzung.
Der OGH spricht ausdrücklich aus, dass der Methode der Lizenzanalogie der Vorrang zu geben ist. Dabei wird der Erfindungswert im Wege der Berücksichtigung jener Gegenleistung (Lizenzgebühr) ermittelt, die ein freier Erfinder für seine Erfindung ebenfalls bekäme. Diese Methode zeichnet sich durch Einfachheit und Verlässlichkeit aus und ist in den Fällen geeignet, in denen mit der Erfindung ein Umsatz verbunden ist, der den Marktwert der Erfindung zutreffend widerspiegelt (ASG Wien 8. 10. 2007, 10 Cga 265/93z).

3. Verweigerte Zustimmung zur Entlassung eines Betriebsrats-Mitglieds

Ein Betriebsratsmitglied reagierte auf (unberechtigte) Vorwürfe und Beschimpfungen durch seinen Vorgesetzten ebenfalls mit ehrverletzenden Äußerungen. Das Oberlandesgericht Wien urteilte, dass die Erregung des Arbeitnehmers allgemein verständlich ist und dies nicht die Zustimmung des Gerichts zur Entlassung des Betriebsratsmitglied-Mitglieds rechtfertigt (OLG Wien 7. 1. 2008, 9 Ra 167/07f).

4. Hausverbot für gekündigtes BR-Mitglied

Ein (begründetes) Hausverbot von Betriebsratsmitgliedern ist zulässig, wenn dadurch keine (weitere) Behinderung der Betriebsratstätigkeit eintritt. Allerdings darf den Betriebsratsmitgliedern das Betreten des Betriebes nicht verboten werden, soweit dies zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben notwendig ist. (OLG Wien 27. 2. 2008, 8 Ra 116/07y).

5. Keine Erwerberhaftung bei Betriebserwerb im Konkurs

Die gesetzliche Ausnahmebestimmung, wonach im Fall des Konkurses des Veräußerers kein Betriebsübergang vorliegt und der Betriebserwerber daher nicht mit allen Rechten und Pflichten in die im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse eintritt, kann nicht im Wege einer teleologischen Reduktion dahin gehend eingeschränkt werden, dass sie nur auf jene Konkursverfahren anzuwenden wäre, in denen es tatsächlich zu einer Auflösung des Unternehmens kommt. Auch im Fall der Veräußerung (und Fortführung) eines ganzen Unternehmens im Konkurs liegt kein Betriebsübergang vor und der Betriebserwerber haftet damit auch nicht für allfällige Ansprüche von ehemaligen Mitarbeitern aus Betriebspensionszusagen (OGH 19.12.2007, 9 Ob A 106/06p).
Eine Ausnahme besteht nur für die Arbeitsverhältnisse von Belegschaftsvertretern, nicht aber für die unter besonderem Kündigungsschutz stehenden begünstigten Behinderten (OGH 7.2.2008, 9 Ob A 161/07b).

6. Vorzeitiger Austritt wegen Gesundheitsgefährdung

Kann ein Arbeitnehmer auch nach Beendigung seines wegen eines Bandscheibenvorfalls angetretenen Krankenstandes seinen Beruf als Bodenleger nicht mehr ausüben, ohne seine Gesundheit ernsthaft zu gefährden, wobei dieser Zustand als Dauerzustand zu bewerten ist, ist er zum vorzeitigen Austritt aus dem Dienstverhältnis berechtigt. Ein Arbeitnehmer, der wegen Gefährdung seiner Gesundheit durch die von ihm zu verrichtende Arbeit aus dem Arbeitsverhältnis vorzeitig austreten will, hat jedoch grundsätzlich den Arbeitgeber vor Ausübung des Austrittsrechts auf seine Gesundheitsgefährdung aufmerksam zu machen. Diese Verpflichtung ist darin begründet, dass dem Arbeitgeber die Möglichkeit gegeben werden soll, dem Arbeitnehmer einen anderen, nicht gesundheitsgefährdenden Arbeitsplatz anbieten zu können. Die Frage nach einem möglichen Ersatzarbeitsplatz stellt sich aber nicht, wenn nach den Umständen – wie im vorliegenden Fall – die Verweisung des Arbeitnehmers auf einen anderen Arbeitsplatz gar nicht in Betracht kommt, weil leichtere Arbeitsbereiche nicht zur Verfügung stehen (OGH 3. 3. 2008, 9 ObA 28/08w).

7. Mangelnder Schutz gegen Mobbing durch Arbeitskollegen

Ein Angestellter ist zum vorzeitigen Austritt aus dem Dienstverhältnis berechtigt, wenn der Arbeitgeber verweigert, den Arbeitnehmer gegen Tätlichkeiten, Sittlichkeitsverletzungen oder erhebliche Ehrverletzungen durch einen Mitbediensteten oder einen Angehörigen des Arbeitgebers zu schützen. Eine Verweigerung ist nur dann möglich, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber von der Verletzungshandlung informiert und Abhilfe verlangt hat und der Arbeitgeber diesem Verlangen nicht nachkommt. Der Arbeitgeber muss also nicht von sich aus diesen Schutz anbieten, sondern es ist Sache des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber gegenüber sein Schutzbegehren – auch konkludent – zum Ausdruck zu bringen, wobei insbesondere schon die bloße Mitteilung von der Verletzungshandlung ein solches Verlangen beinhalten kann.
War dem Arbeitgeber das fortgesetzte Mobbingverhalten seines im Betrieb beschäftigten Sohnes gegenüber einer Arbeitnehmerin bekannt und ließ er ihn (weiter) gewähren, muss ein formelles Abhilfeverlangen der Arbeitnehmerin als bloße Formalität sinnlos erscheinen. Der dargestellte Zweck des Abhilfeverlangens geht in einem derartigen Fall verloren. Aus diesem Grund war auch eine formlose Mitteilung des Fehlverhaltens durch die Arbeitnehmerin an den Arbeitgeber nicht erforderlich. Der vorzeitige Austritt war somit berechtigt (OLG Wien 28. 3. 2008, 9 Ra 27/08v).

8. Austritt wegen Lohnrückständen

Ein Arbeitnehmer setzte dem Arbeitgeber eine Nachfrist zur Begleichung offener Entgeltforderungen so, dass diese an einem Sonntag endet. Der Arbeitnehmer konnte am darauffolgenden Montag über das Geld auf seinem Girokonto verfügen, erklärte aber trotzdem den Austritt aus dem Dienstverhältnis. Dieser Austritt wurde vom Obersten Gerichtshof als unberechtigt qualifiziert OGH 10. 4. 2008, 9 ObA 44/08y).

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