Rechtsprechung 11/05

Rechtsprechung

1. Anrechnung von Vordienstzeiten für Abfertigung

Fragt ein Arbeitnehmer seinen neuen Arbeitgeber bei Dienstantritt, ob er den durch die Arbeitnehmerkündigung „bei der vorausgegangenen Dienstgeberfirma“ verloren gegangenen Abfertigungsanspruch übernimmt und antwortet der neue Arbeitgeber mit „selbstverständlich“, so kann der Arbeitnehmer . diese Äußerung nicht anders als eine Willenserklärung des Arbeitgebers verstehen, dass die Vordienstzeiten des Arbeitnehmers für den Abfertigungsanspruch angerechnet werden (OGH 31.8.2005, 9 ObA 133/05g).

2. Rücktritt von Urlaubsvereinbarung wegen Erkrankung

Wenn ein Arbeitnehmer kurz vor Antritt eines mit dem Arbeitgeber schon vereinbarten Urlaubs krank wird, kann er von der Urlaubsvereinbarung aus wichtigem Grund zurück treten. Ein derartiger Rücktritt kann bei Vorliegen eines wichtigen Grundes formlos erklärt werden, so dass die Bekanntgabe des Krankenstandes dafür bereits ausreicht (OLG Wien 6.6.2005, 9 Ra 29/05h).

3. Einseitiger Widerruf von Leistungsprämien

Es ist grundsätzlich zulässig, wenn die Auszahlung von Prämien an die subjektive Leistungsbeurteilung des Vorgesetzten gebunden ist. Der Vorgesetzte ist bei der individuellen Personalbeurteilung allerdings an das gesetzliche Diskriminierungsverbot sowie an den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden. Liegt eine negative Leistungsbeurteilung nicht vor, stellt der einseitige Entzug der Prämie einen Akt der Willkür dar und ist somit unzulässig (OLG Wien 15.6.2005, 7 Ra 77/05b).

4. Unberechtigte Entlassung wegen Privatnutzung des Internets

Wurde ein Arbeitnehmer wegen seiner Privatnutzung des Internets während der Arbeitszeit vom Arbeitgeber nicht ermahnt und kann von einer missbräuchlichen Verwendung des Internetzugangs in exzessivem Ausmaß noch nicht gesprochen werden, kommt eine Entlassung des Arbeitnehmers nicht in Betracht. Dies gilt auch, wenn die private Internetnutzung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles (hier: starke arbeitsmäßige Belastung des Arbeitnehmers und finanzielle Krisensituation des Unternehmens) das arbeitsvertraglich zulässige Ausmaß bereits überschritten hat (OLG Wien 29.6.2005, 8 Ra 54/05b).

5. Nicht ernst gemeinte Beendigungserklärung

Eine Auflösungserklärung ist so zu beurteilen, wie sie der Empfänger nach ihrem Wortlaut und dem Geschäftszweck unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände bei objektiver Betrachtungsweise verstehen konnte. Ob eine Erklärung eines Arbeitnehmers als Beendigungserklärung aufzufassen bzw welcher Erklärungswert ihr beizumessen ist, kann immer nur anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles beurteilt werden. Hat ein Arbeitnehmer bereits an den Vortagen mehrfach – offenbar aus Unmut über aufgetragene Arbeiten – erklärt, das Arbeitsverhältnis beenden zu wollen, und ist er dennoch am nächsten Tag wieder zur Arbeit erschienen, konnte der Arbeitgeber auch eine abermalige Beendigungserklärung als nicht ernst auffassen (OGH 17.3.2005, 8 ObA 61/04k).

6. Abfertigung bei Wechsel von Vollzeit- auf Teilzeitbeschäftigung

Der Berechnung des Abfertigungsanspruchs einer Arbeitnehmerin, deren Dienstverhältnis 4 Jahre vor der einvernehmlichen Auflösung auf ihren Wunsch hin von einer Vollzeitbeschäftigung auf eine Teilzeitbeschäftigung im Ausmaß von 25 Stunden reduziert wurde, ist nur das zuletzt bezogene Teilzeitentgelt zugrunde zu legen (OGH 29.6.2005, 9 ObA 6/05f).

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