Rechtsprechung
Ausbildungskostenrückersatz
Die Verpflichtung eines Arbeitnehmers zum Rückersatz von Ausbildungskosten, die der Arbeitgeber getragen hat, kommt nur hinsichtlich der Kosten für Schulungen in Betracht, die dem Arbeitnehmer Spezialkenntnisse theoretischer oder praktischer Art vermitteln, die allgemein auch in anderen Unternehmen verwertet werden können. Dabei kommt es nicht auf die tatsächlich stattfindende Verwertung, sondern auf die Verwertbarkeit an (OLG Wien 16. 7. 2008, 7 Ra 71/08z).
Ausbildungskostenersatz und Auflösung während Probezeit
Eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Rückzahlung der vom Arbeitgeber getragenen Ausbildungskosten kann für den Fall der Auflösung des Dienstverhältnisses während der Probezeit nicht wirksam vereinbart werden. Löst daher ein Arbeitnehmer in der Probezeit das Dienstverhältnis auf, ist er selbst dann nicht zum Ersatz der Ausbildungskosten verpflichtet, wenn der Dienstvertrag eine entsprechende Klausel enthält (OLG Wien 25. 7. 2008, 9 Ra 82/08g).
Zum Begriff des Arbeitsunfalls
Arbeitsunfälle sind Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der Beschäftigung ereignen. Unter einem Unfall ist ein zeitlich begrenztes Ereignis zu verstehen, das zu einer Körperschädigung geführt hat.
Von einem Unfall kann nur dann gesprochen werden kann, wenn die Gesundheitsschädigung durch ein plötzliches, dh zeitlich begrenztes Ereignis bewirkt wurde, wobei „plötzlich“ allerdings nicht Einmaligkeit bedeuten muss. Auch kurz aufeinanderfolgende Einwirkungen, die nur in ihrer Gesamtheit einen Körperschaden bewirken, sind noch als plötzlich anzusehen, wenn sie sich innerhalb einer Arbeitsschicht oder eines sich auch auf mehrere Tage erstreckenden Dienstauftrages ereignet haben. Auch ein zur gewöhnlichen beruflichen Tätigkeit gehörendes Ereignis kann ein Arbeitsunfall sein, sofern es nur im Sinne der dargelegten Ausführungen „zeitlich begrenzt“ ist.
Wesentlich ist aber, dass das zeitlich begrenzte Ereignis zu einer Gesundheitsschädigung geführt hat. Als Gesundheitsschädigung gilt auch die schnellere Entwicklung oder Verschlechterung einer schon früher vorhanden gewesenen krankhaften Veranlagung. Im vorliegenden Fall waren jedoch die vom Versicherten als Unfallfolge geltend gemachten Wirbelsäulenbeschwerden auf anlagebedingte Vorleiden zurückzuführen und wurden diese bereits vor dem Unfall bestehenden Wirbelsäulenbeschwerden durch den gegenständlichen Unfall auch nicht verschlimmert. Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Gewährung einer Versehrtenrente bestand daher nicht (OGH 26. 6. 2008, 10 ObS 89/08y).
Krankmeldung per eingeschriebenen Brief
Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer keine besondere Form der Krankmeldung vereinbart, ist auch eine unverzüglich nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit abgesendete Krankmeldung per eingeschriebenen Brief rechtzeitig. Dies auch dann, wenn sie erst 3 Tage später beim Arbeitgeber ankommt. Eine zwischenzeitlich ausgesprochene Entlassung ist wegen des rechtmäßigen Hinderungsgrundes der Arbeitsunfähigkeit unberechtigt (OLG Wien 28. 3. 2008, 9 Ra 154/07v).
Ersatz von Detektivkosten bei Krankenstandsmissbrauch
Einem Arbeitgeber steht dann der Ersatz von Nachforschungskosten zu, wenn der Arbeitnehmer zunächst ausreichende Anhaltspunkte für ein vertragswidriges, den Interessen des Arbeitgebers zuwiderlaufendes Verhalten gegeben hat, die den Arbeitgeber veranlassten, sich durch geeignete Nachforschungen noch weitere Klarheit zu verschaffen. Im vorliegenden Fall hat der Arbeitnehmer nach der Kündigung einer gut befreundeten Mitarbeiterin sämtliche zusätzlich übernommenen Aufgaben zurückgelegt und nur mehr „Dienst nach Vorschrift“ geleistet. Durch dieses Verhalten hat er deutlich zu erkennen gegeben, dass er seinen Arbeitspflichten nur in gerade noch notwendigem Ausmaß nachkommt. Es ist daher nachvollziehbar, dass der Arbeitgeber Zweifel an einem vom Arbeitnehmer gemeldeten Krankenstand hatte und daher eine Detektei mit Nachforschungen beauftragte. Insofern hat der Arbeitnehmer die Kosten der Detektei jedenfalls kausal verursacht und muss diese ersetzen (OLG Wien 28. 4. 2008, 8 Ra 17/08s).
Unrentabler Teilbereich rechtfertigt keine Kündigung
Für die Zustimmung zur Kündigung eines begünstigten Behinderten genügt es nicht, wenn die Weiterbeschäftigung dieses Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung für einen Teilbereich des Unternehmens des Arbeitgebers führt. Im Falle von Rationalisierungsmaßnahmen und damit einhergehenden Kündigungen von Arbeitnehmern hat eine Zustimmung zur Kündigung nur dann zu erfolgen, wenn dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nicht zugemutet werden kann. Zur Klärung dieser Frage hat die Behörde die wirtschaftliche „Gesamtsituation“ festzustellen und weiters zu prüfen, ob mit der beabsichtigten Maßnahme tatsächlich die erwünschte Auswirkung auf die Wirtschaftslage des Unternehmens erzielt werden kann.
Ginge man demgegenüber von der gegenteiligen Rechtsansicht aus, dass schon wirtschaftliche Schwierigkeiten bzw Notwendigkeiten in einem Teilbereich eines Unternehmens die Zustimmung zur Kündigung eines begünstigten Behinderten rechtfertigten, so läge es in der Hand eines Arbeitgebers, durch betriebsinterne Maßnahmen wirtschaftlich unrentable Organisationseinheiten bzw Betriebsbereiche zu schaffen und damit die Kündigung der in diesen Bereichen beschäftigten begünstigten Behinderten zu erreichen (VwGH 18. 6. 2008, 2008/11/0048).
Verschweigens der Behinderteneigenschaft
Hat ein Arbeiter im Zuge des Bewerbungsgespräches die Frage des Arbeitgebers, ob er dem Kreis der begünstigten Behinderten angehöre, wahrheitswidrig verneint, berechtigt dies den Arbeitgeber bei Bekanntwerden der Behinderteneigenschaft nach rund 9 Monaten anstandsloser Beschäftigung nicht zur Entlassung des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer war sohin nicht zur wahrheitsgemäßen Bekanntgabe der Behinderteneigenschaft verpflichtet (OLG Wien 25. 6. 2008, 10 Ra 28/08y).
Mündliches Begehren auf Elternteilzeit
Die Bekanntgabe des Wunsches auf Elternteilzeit hat grundsätzlich schriftlich unter Angabe aller Details zu erfolgen. Macht ein Arbeitnehmer bzw eine Arbeitnehmerin den Anspruch auf Elternteilzeit entgegen dem gesetzlich normierten Schriftlichkeitsgebot nur mündlich geltend, liegt dennoch eine kündigungsgeschützte Elternteilzeit vor, wenn sich der Arbeitgeber auf Verhandlungen über dieses Begehren einlässt und es letztlich zu einer Vereinbarung über eine Teilzeit kommt (OGH 20. 8. 2008, 9 ObA 80/07s).
Anspruch eines Betriebsrats auf Sacherfordernisse
In einem Betrieb mit rund 650 Arbeitnehmern hat der Betriebsrat für sein freigestelltes Betriebsratsmitglied Anspruch auf Beistellung einer Schreibkraft im Ausmaß einer Vollzeitbeschäftigung, eines Laptops samt Drucker sowie eines Mobiltelefons, wenn eine regelmäßige Beratung der Mitarbeiter vor Ort in den insgesamt 48 Außenstellen des Unternehmens durch das freigestellte Betriebsratsmitglied vorgesehen ist und durch den geplanten Umzug der Zentrale von Wien nach Niederösterreich mit einem Mehraufwand bei der Betriebsratstätigkeit zu rechnen ist. Die Größe des Unternehmens und die geplante Reisetätigkeit rechtfertigen den Anspruch des Betriebsrats auf die Zurverfügungstellung der genannten Sacherfordernisse (OGH 20. 8. 2008, 9 ObA 89/07i).
Zur Zulässigkeit von Mitarbeiter-Beurteilungsbögen
Für die Frage, ob ein Arbeitgeber mit einem Mitarbeiter-Beurteilungsbogen Daten erhebt, die nicht durch die betriebliche Verwendung gerechtfertigt sind, und die Maßnahme daher der Zustimmung des Betriebsrats bedarf, ist ein Interessenvergleich zwischen Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers einerseits und konkreten betrieblichen Interessen andererseits vorzunehmen.
Soll mit dem vom jeweiligen Vorgesetzten auszufüllenden Beurteilungsbogen die Eignung der internen Bewerber für eine konkrete, unmittelbar bevorstehende und besonders verantwortungsvolle Tätigkeit abgefragt werden, die nicht nur an die fachliche, sondern auch an die persönliche und soziale Kompetenz besondere Anforderungen stellt, steht die Beurteilung im überwiegenden Interesse des Arbeitgebers, sodass die Verwendung des Beurteilungsbogens nicht der Zustimmung des Betriebsrats bedarf (OGH 20. 8. 2008, 9 ObA 95/08y).