Arbeitsrecht 4/2024

  1. Ausbildungskostenrückersatz

Eine Pflegeassistentin sollte über Wunsch und Initiative der Arbeitgeberin die Ausbildung zur Diplom-Krankenschwester nachholen. Sie fasste eine nebenberufliche Ausbildung ins Auge. Für die Vertreter der Arbeitgeberin gab es keinerlei Zweifel, dass die Mitarbeiterin die Ausbildung schaffen würde. Die Arbeitgeberin sagte der (nunmehr beklagten) Mitarbeiterin zu, dass die Arbeitgeberin die Kosten der Ausbildung übernehmen werde. Sie drängte die Beklagte in keiner Weise, die Ausbildung berufsbegleitend neben dem 100%igem Dienst zu machen.

Die Beklagte meldete sich dann für die berufsbegleitende Ausbildung mit Kosten von 5.400 EUR auf Rechnung der Klägerin an.

In der Folge unterfertigten Klägerin und Beklagte eine „Rückzahlungsvereinbarung für externe Bildungsmaßnahmen“, die folgende Formulierung enthielt:

5.) Sollte die Dienstnehmerin die Ausbildung nicht abschließen bzw diese, aus welchen Gründen auch immer vorzeitig beenden, so hat sie dem Dienstgeber die Gesamtkosten zur Gänze zu erstatten, sofern nicht nachgewiesen werden kann, dass der Abbruch aus dienstlichen oder wichtigen persönlichen Gründen (zB schwerer Krankheit) erfolgt ist.

[…]

7.) Für den Fall, dass die Dienstnehmerin während der Ausbildung oder innerhalb des unter Punkt 6 der Vereinbarung genannten Zeitraumes das Dienstverhältnis durch

‑ Kündigung Dienstnehmerin

‑ einvernehmliche Auflösung

‑ unberechtigten vorzeitigen Austritt

‑ Kündigung durch den Dienstgeber aufgrund schuldhaften Verhaltens

‑ verschuldete fristlose Entlassung

beendet, verpflichtet sie sich ausdrücklich zum Ersatz der Gesamtkosten gemäß Punkt 1 der Vereinbarung.“

Die Beklagte erledigte einige Prüfungen und Praktika der Ausbildung positiv, es fehlten ihr aber das vierte Praktikum und die Prüfungen Pathologie und Gesundheits- und Krankenpflege. Die Beklagte schaffte keine positive Erledigung dieser ausständigen Prüfungen und wurde letztlich gekündigt. Die Arbeitgeberin begehrte die Ausbildungskosten für die gesamte Ausbildung.

Rechtlich folgerte der Oberste Gerichtshof folgendes:

Ausbildungskosten sind „die vom Arbeitgeber tatsächlich aufgewendeten Kosten für jene erfolgreich absolvierte Ausbildung, die dem Arbeitnehmer Spezialkenntnisse theoretischer und praktischer Art vermittelt, die dieser auch bei anderen Arbeitgebern verwerten kann“. Einschulungskosten sind keine Ausbildungskosten. Eine Rückerstattung ist „nur hinsichtlich von Ausbildungskosten in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zulässig“. Darüber hinaus nennt das Gesetz Fälle, in denen „[k]eine Verpflichtung zur Rückerstattung von Ausbildungskosten besteht“, und Fälle, in denen „[kein] Anspruch auf Ausbildungskostenrückersatz besteht“.

Nach der Rechtsprechung muss bei einer Ausbildung, die eine Abschlussprüfung beinhaltet, in der Regel auch diese Prüfung bestanden werden, um eine „erfolgreich absolvierte Ausbildung“ annehmen zu können.

Eine solche Ausbildung lag hier vor. Mangels positiven Abschlusses aller nötigen Prüfungen (und Praktika) hat die Beklagte die von ihr begonnene, ihr von der Klägerin finanzierte Ausbildung demnach mangels anderer Ausgangspunkte nicht „erfolgreich absolviert“.

Wurde eine Ausbildung erfolgreich absolviert, so handelt es sich um einen Vorteil des Arbeitnehmers, zumal er die ihm vermittelten Spezialkenntnisse am Arbeitsmarkt verwerten kann. Dies rechtfertigt, dass der Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen zur Rückerstattung der Ausbildungskosten verpflichtet ist. Bei nicht erfolgreichem Ausbildungsabschluss besteht jener Vorteil grundsätzlich nicht.

Weil das Gesetz bloß für den Fall der erfolgreichen Absolvierung einer Ausbildung die Möglichkeit vorsieht, eine Rückerstattungsvereinbarung abzuschließen, besteht nach allgemeiner Ansicht bei fehlendem erfolgreichen Ausbildungsabschluss im Rahmen einer solchen Vereinbarung grundsätzlich keine Rückerstattungspflicht auf Grundlage des Gesetzes.

Eine Verpflichtung zur Rückzahlung der Kosten besteht bei Fehlen eines erfolgreichen Ausbildungsabschlusses aber nach (zutreffender) allgemeiner Ansicht in der Literatur dann, wenn ihn der Arbeitnehmer schuldhaft vereitelt hat. 

Ein „schuldhaftes Vereiteln“ liegt nach der Literatur bereits vor, wenn das Unterbleiben des erfolgreichen Abschlusses der Ausbildung darauf zurückzuführen ist, dass sich der Arbeitnehmer nicht hinreichend um ihn bemüht, beispielsweise zu wenig gelernt hat. Dies ist – so der OGH – jedenfalls dann zutreffend, wenn es dem Arbeitnehmer möglich und zumutbar war, sich besser vorzubereiten, und er die Notwendigkeit dazu auch erkennen hätte müssen. Bloßes Unvermögen, zB zufolge körperlicher oder geistiger Unfähigkeit, stellt hier hingegen kein Verschulden des Arbeitnehmers dar.

Dass die Beklagte zu den Prüfungen angetreten ist und auch gelernt hat, stellt die Klägerin nicht in Zweifel. Was tatsächlich die Ursache für das Nichtbestehen der Prüfungen aus Gesundheits- und Krankenpflege sowie Pathologie war, blieb im Dunkeln.

Zumal der Beklagten damit kein Verschulden am ausgebliebenen Erfolg ihrer Ausbildung nachgewiesen wurde, konnte der eingeklagte Rückzahlungsanspruch jedenfalls nicht auf Grundlage des Gesetzes begründet werden.

Die Klägerin hätte aber nach dem Wortlaut des Punktes 5 der abgeschlossenen Rückzahlungsvereinbarung einen Rückzahlungsanspruch. Diese Bestimmung ist aber – so der OGH – sittenwidrig:

Es ist ein zwingender arbeitsrechtlicher Grundsatz, dass den Arbeitnehmer aus dem Arbeitsvertrag lediglich die Verpflichtung trifft, sich entsprechend seiner Qualifikation und Ausbildung zu bemühen, die versprochenen Dienste zu leisten. Genauso schuldet der Arbeitnehmer allein die Bemühung zum erfolgreichen Abschluss einer vom Arbeitgeber finanzierten (und vom Arbeitnehmer akzeptierten) Ausbildung. Dem Arbeitnehmer vertraglich auch für den Fall, dass ihm am Nichtabschluss der Ausbildung kein Verschulden trifft, eine Rückzahlungspflicht aufzuerlegen, steht mit dem genannten arbeitsrechtlichen Grundsatz in Konflikt.

Wird – wie hier – auch für das unverschuldete Unterbleiben des erfolgreichen Ausbildungsabschlusses eine Rückersatzpflicht des Arbeitnehmers vereinbart, so ist die – hier während des Arbeitsverhältnisses zur Verbesserung der Einsetzbarkeit der Arbeitnehmerin geschlossene –Rückersatzvereinbarung jedenfalls unwirksam. Auch auf die geschlossene Vereinbarung konnte daher das Klagebegehren nicht gestützt werden und wurde die Klage daher abgewiesen OGH 15.2.2024, 8 Ob A 82/23a).

2. Zuzahlung des Arbeitnehmers zu Sonderausstattung des Dienst-Pkw – Rückzahlungsanspruch bei DV-Ende?

Eine Arbeitgeberin übergab an einen Mitarbeiter (den nunmehrigen Kläger) ein von ihm ausgesuchtes und von ihr um € 36.000,- neu angekauftes Dienstfahrzeug. Im Zuge dessen zahlte der Kläger vereinbarungsgemäß für ausschließlich von ihm gewünschte Sonderausstattungen € 11.700,- an die Arbeitgeberin. Weil diese in den individuellen Adaptierungen des Fahrzeugs keinen Mehrwert für sie sah, vereinbarten die Parteien, dass der Kläger bei allfälliger Auflösung des Dienstverhältnisses aus seiner Zuzahlung keinen Rückforderungsanspruch gegen die Arbeitgeberin hat. Der Kläger ging davon aus, dass er das Fahrzeug mehrere Jahre nutzen wird. Tatsächlich konnte er das Dienstfahrzeug wegen eines von ihm verursachten Unfalls und der notwendigen Reparatur nur kurze Zeit verwenden.

Weil die Arbeitgeberin den Verdacht hatte, der Kläger habe verschiedene Malversationen zu verantworten, bot sie dem Kläger kurze Zeit später die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses an, sollte dieser an der Aufklärung des Sachverhalts iZm einem ihrer Kunden mitwirken. Der Kläger erklärte sich dazu bereit, wollte aber wegen der seiner Ansicht nach ungerechtfertigten Vorwürfe nicht mehr im Unternehmen weiterarbeiten.

Mit seiner Klage begehrte er die Rückzahlung der von ihm geleisteten Zuzahlung zum Dienstfahrzeug iHv € 11.700,-. Der OGH wies die Klage ab und verweist insbesondere auf seine Rechtsprechung, wonach Sittenwidrigkeit insbesondere dann vorliegt, wenn der Vertrag eine krasse einseitige Benachteiligung eines Vertragspartners enthält. Im Hinblick auf den Grundsatz der Privatautonomie wird die Rechtswidrigkeit wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten nur dann bejaht, wenn die Interessenabwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen ergibt oder wenn bei einer Interessenkollision ein grobes Missverhältnis zwischen den durch die Handlung verletzten und den durch sie geförderten Interessen besteht.

Richtig ist zwar das Argument des Klägers, die Arbeitgeberin könne auch nach Auflösung des Dienstverhältnisses das für ihn angekaufte Dienstfahrzeug weiter nutzen, allerdings steht fest, dass in den vom Kläger gewünschten Sonderausstattungen kein Mehrwertfür die Arbeitgeberin liegt. Mag es zwar auch deren Wunsch gewesen sein, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit nicht mit seinem Pkw Mercedes 500 fährt, sondern (nur) mit einem „Mittelklasseauto“, und stellte ihm diese daher ein Dienstfahrzeug zur Verfügung, so war es aber jedenfalls ausschließlich der Wunsch des Arbeitnehmers, dieses Fahrzeug mit zahlreichen Sonderausstattungen zu versehen.

Dem Kläger stand die Möglichkeit, das Dienstfahrzeug mehrere Jahre zu nützen, zum Abschluss der Vereinbarung grundsätzlich offen. Auch wenn es zunächst die Arbeitgeberin war, die das Dienstverhältnis kurze Zeit nach Übergabe des Dienstfahrzeugs an den Kläger beenden wollte, so wollte letztlich aber auch der Kläger nicht mehr im Unternehmen weiterarbeiten und stimmte einer einvernehmlichen Auflösung zu.

Im übrigen war für die Parteien auch nicht unvorhersehbar, dass das Dienstverhältnis allenfalls bereits nach kurzer Zeit wieder aufgelöst werde.

Der Kläger hat im Ergebnis keinen Anspruch auf Rückzahlung der von ihm geleisteten Zuzahlung für die gewünschte Sonderausstattung (OGH 24. 1. 2024, 9  Ob A 106/23p).

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