Arbeitsrecht 8/2024

  1. Dienstwagen und Freistellung

Zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer war vereinbart:

– „Für Zeiten einer Dienstfreistellung, (…) entfällt das Nutzungsrecht des Dienstwagens entschädigungslos (Punkt II); (…)

– Der Dienstgeber ist berechtigt, dem Dienstnehmer den PKW ohne Angabe von Gründen entschädigungslos zu entziehen (Punkt IX)...“

Der Arbeitnehmer wurde gekündigt und gleichzeitig dienstfrei gestellt. In der Folge wurde er unter Berufung auf Punkt II der Vereinbarung zur Rückstellung des Fahrzeugs aufgefordert. Strittig war, ob der Widerruf der Privatnutzung ohne Entschädigung zulässig war oder nicht.

Der Oberste Gerichtshof gelangte zu dem Ergebnis, dass der Widerrufs der Privatnutzung des Dienstwagens trotz Entfalls der Dienstleistungspflicht infolge Freistellung auf Grundlage von Punkt II des Dienstvertrags zulässig war.  Auf die (Un-)Zulässigkeit des Punktes IX der Vereinbarung  kam es daher nicht an.

Zum Entgelt zählt jede Leistung, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber dafür bekommt, dass er ihm seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt, also auch alle Arten von Naturalleistungen. Die Zurverfügungstellung eines Dienstwagens zu privaten Zwecken ist eine solche Naturalleistung. Können Naturalleistungen während des Arbeitsverhältnisses nicht in Anspruch genommen werden, sind sie mit Geld abzulösen.

Dass bei der Zurverfügungstellung von Naturalleistungen wie einem Dienstwagen grundsätzlich die Vereinbarung eines Widerrufsrechts des Arbeitgebers zulässig ist, ist unstrittig. Der Kläger wandte sich jedoch dagegen, dass eine solche Entziehung jederzeit, willkürlich zulässig sei.

Richtig ist zwar, dass nicht nur die Nutzung untersagt wurde, sondern der Kläger zugleich auch zur Rückstellung des Wagens aufgefordert wurde. Da aber nur die Nutzungsmöglichkeit Entgelt darstellt, nicht der bloße Besitz des Fahrzeugs, war für den Arbeitnehmer aus diesem Argument nichts zu gewinnen (OGH vom 24.4.2024, 9ObA19/24w).

  • 2. Befristung und Schwangerschaft

Die Klägerin war bei der beklagten Partei ab 1. 6. 2022 als kaufmännische Angestellte im Office Management beschäftigt, wobei im Dienstvertrag folgende Vereinbarung getroffen worden war:

„Im gegenseitigen Interesse wird eine Probezeit für die Dauer von einem Monat vereinbart, während welcher das Dienstverhältnis von beiden Seiten täglich gelöst werden kann. Die beiden darauffolgenden Monate gelten als befristetes Arbeitsverhältnis. Wird dieses Arbeitsverhältnis über diese drei Monate hinaus ohne besondere Befristung fortgesetzt, geht es in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis über.“

Die Beklagte verwendet solche Befristungen standardmäßig in den von ihr abgeschlossenen Dienstverträgen, ohne dass darüber mit der Klägerin gesprochen worden wäre. Am 6. 7. 2022 informierte die Klägerin die Beklagte von ihrer Schwangerschaft. Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit, dass das Dienstverhältnis über den Ablauf der Befristung nicht weiter fortgesetzt würde.

Die Klägerin begehrte Zahlungen über das Ende der Befristung hinaus bis zum Beginn der Mutterschutzes (8 Wochen vor der Geburt).

Der Oberste Gerichtshof entschied wir folgt:

Nach den Regelungen des Mutterschutzgesetzes wird der Ablauf eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Dienstverhältnisses von der Meldung der Schwangerschaft bis zu dem Beginn des Beschäftigungsverbots (Mutterschutz) gehemmt, es sei denn, dass die Befristung aus sachlich gerechtfertigten Gründen erfolgt oder gesetzlich vorgesehen ist. Eine sachliche Rechtfertigung der Befristung liegt unter anderem vor, wenn diese zur Erprobung abgeschlossen wurde und aufgrund der in der vorgesehenen Verwendung erforderlichen Qualifikation eine längere Erprobung als die gesetzliche oder kollektivvertragliche Probezeit notwendig ist. Dadurch soll eine Umgehung des Mutterschutzes durch den Abschluss befristeter Arbeitsverträge hintangehalten werden, wodurch Frauen infolge Zeitablaufs des Arbeitsverhältnisses und Nichterlangung eines neuen Arbeitsplatzes bei Schwangerschaft eine Reihe von Ansprüchen verlieren würden.

Es kommt dabei nicht nur darauf an, dass aufgrund der in der vorgesehenen Verwendung erforderlichen Qualifikation eine längere Erprobung als die gesetzliche oder kollektivvertragliche Probezeit notwendig ist, sondern das Gesetz verlangt darüber hinaus, dass das Dienstverhältnis „zur Erprobung“ abgeschlossen wurde, wobei aus einer dreimonatigen Befristung, bei welcher der erste Monat gesetzlicher Probemonat sein soll, noch nicht darauf geschlossen werden kann, dass die gesamte Befristung dem Zweck der Erprobung dient. Die bloße Tatsache, dass die Befristung gerechtfertigt ist, weil die Verwendung eine längere Erprobung erfordert, reicht damit nicht aus. Vielmehr muss aus der getroffenen Vereinbarung hervorgehen, dass die Befristung der Erprobung der Arbeitnehmerin dient.

In der Literatur wurde darauf hingewiesen, dass dies im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich zum Ausdruck gebracht werden muss. Jedenfalls aber muss der Arbeitgeber den Zweck der Erprobung bei Vertragsschluss hinlänglich deutlich gemacht haben.

Im konkreten Fall hat die Beklagte der Klägerin im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in keiner Weise vermittelt, dass auch die dreimonatige Befristung der Erprobung dienen würde.

Der Klägerin stand daher das Entgelt über die Befristung hinaus bis zum Beginn des Mutterschutzes zu (OGH 22.3.2024, 8ObA85/23t).

Share on FacebookTweet about this on TwitterShare on LinkedInShare on Google+Email this to someone