Arbeitsrecht 3/2024

1. Aufforderung zum Tragen eines Dirndls

Der beklagte Arbeitgeber forderte seine MitarbeiterInnen und auch die Klägerin auf, ein als für den Gastbetrieb übliche Dienstkleidung für sie gekauftes Dirndlkleid zwecks Kontrolle der Passform zu probieren, und zwar entweder sofort oder zuhause.

Die Klägerin empfand dies als sexuelle Belästigung und klagte den Arbeitgeber. Der Oberste Gerichtshof entschied, dass diese Vorkommnisse nicht als eine die Würde der Klägerin beeinträchtigende sexuelle Belästigungzuqualifizieren sind. Dass diese Vorkommnisse für die Klägerin subjektiv unangenehm waren, reicht für die Erfüllung des Tatbestandes einer Belästigung noch nicht aus. Nachdem die Klägerin das Tragen eines Dirndls strikt verweigert hatte, gestand ihr der Arbeitgeber letztlich zu, dass sie keines tragen müsse. Es lag also kein Diskriminierungstatbestandvor (OGH 19.10.2023, 8 ObA 63/23g).

2. Auslegung einer Beendigungserklärung

In einer ärztlichen Ordination, in der sowohl der Arzt als auch seine Ehegattin anwesend waren (die Ehegattin war als ärztliche Assistentin beschäftigt) kam es in der Früh zwischen der Klägerin (ebenfalls einer ärztlichen Assistentin), dem Arzt und dessen Ehegattin zu Unstimmigkeiten. Die Klägerin ging in den Umkleideraum, holte Autoschlüssel, Handtasche und Straßenschuhe, um einen Arzt aufzusuchen, weil sie sich gesundheitlich angeschlagen fühlte. Beim Verlassen der Ordination meinte Sie zum Arzt, sie mache eh alles falsch und erklärte der Ehegattin des Arztes sie gehe jetzt zum Hausarzt. Mehr zu sich als zu jemand anderen sagte sie noch, wenn das so weiter gehe, werde sie eh kündigen.

Der OGH sah diese Erklärung nicht als Beendigungserklärung an, es war weder eine Austritts- noch eine Kündigungserklärung. Da sie deutlich sagte, dass sie zum Arzt gehen werde, war durch das Verlassen der Ordination nicht davon auszugehen, dass sie das Dienstverhältnis tatsächlich beenden wollte (OGH 19.10.2023, 8 ObA 61/23p).

3. Auslegung eines Sozialplans

Bei der beklagten Arbeitgeberin wurde im Zuge von Umstrukturierungen mit dem Betriebsrat ein Sozialplan geschlossen. Der Anwendungsbereich wurde auf Mitarbeiter, die im Zuge der Restrukturierung persönlich von Umstrukturierungsmaßnahmen durch Auflösungen ihres Dienstverhältnisses betroffen sind, definiert.

Aus wirtschaftlichen Überlegungen wurden die Aufgaben in der Abteilung der Klägerin neu verteilt und anders gewichtet. Da die Klägerin für die neuen Tätigkeiten fachlich nicht in der Lage und ihre Arbeitskraft daher nicht zu den ertragsreicheren Tätigkeiten verschoben werden konnte, wurde sie gekündigt. Ihre bisherigen Aufgaben (die nicht weggefallen sind) übernahm eine Teilzeitkraft. Strittig war, ob der Klägerin eine freiwillige Abfertigung gemäß Sozialplan zusteht oder nicht.

Der OGH kommt zu dem Ergebnis, dass die freiwillige Abfertigung nicht zusteht: Die bloße Umschichtung von Ressourcen in einem bereits vorhandenen Aufgabenbereich, ist nicht als „Restrukturierung“ im Sinne des Sozialplans anzusehen. Unter Umstrukturierungsmaßnahmen im Sinne des Sozialplans können nur Betriebsänderungen gemeint sein. Die Ressourcenverlagerung stellt keine derartige Betriebsänderung dar, weswegen auch kein Anspruch aus dem Sozialplan bestand. Es handelte sich zwar bei der Kündigung wohl um eine Rationalisierungsmaßnahme, allerdings beschränkte sich diese lediglich auf die Kündigung der Klägerin und stellte daher keine Änderung der Betriebsorganisation dar, weil damit weder der Betriebsaufbau noch die hierachischen Strukturen in der Zentrale der Arbeitgeberin grundlegend verändert wurden (OGH 26.07.2023, 9 ObA 45/23t).

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