Arbeitsrecht 5/2018

1. Personalbeurteilungssystem – Zustimmungspflicht des Betriebsrats?

Ein Unternehmen verwendete ein Testverfahren im Rahmen von Verkaufsschulungen und zur Rekrutierung von Führungskräften. Nach der Definition der Betreiber handelt es sich um ein werteorientiertes Verfahren, das in die Tiefe der Persönlichkeit geht und nicht das Verhalten misst, sondern an der wesentlich stabileren, persönlichen Wertehaltung ansetzt, Schicksalsschläge und all das, was die getestete Person in den letzten 12 Monaten bewegt hat, abbildet und nicht nur die Berufswelt, sondern auch das berufliche Selbst, alle Aspekte der Welt und das gesamthafte Selbst über alle Lebensbereiche anschaut, die Wertedimension (des Getesteten) gut erkennen lässt und sodann computerunterstützt Abweichungen zu einer mathematischlogischen Grundeinstellung ermittelt.

Zwischen den Parteien war nicht strittig, dass es sich um ein System zur Beurteilung von Arbeitnehmern handelt. Der Betriebsrat vertrat die Meinung, dass für den Einsatz dieses Systems eine Betriebsvereinbarung erforderlich war, das Unternehmen stand auf dem Standpunkt, dass die Erhebung dieser Daten durch die betriebliche Verwendung gerechtfertigt war und daher keine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden musste.

Der Oberste Gerichtshof kam zu dem Ergebnis, dass dieses Bewertungsverfahren, bei dem ausschließlich „soft skills“ wie Neigungen, Interessen und andere Persönlichkeitsmerkmale wie Belastbarkeit, Frustrationstoleranz und höchstpersönliche „Werte“, nicht aber „hard skills“, also die Fachkompetenz, abgefragt werden, massiv die Persönlichkeit der getesteten Personen berührt und daher nicht durch überwiegende berufliche Interessen gerechtfertigt ist.

Auch wenn die der Beurteilung zugrundeliegenden Testergebnisse dem Arbeitgeber nicht bekannt werden, enthält die ihm zugehende Auswertung, von deren Validität die Beklagte offenbar ausgeht, eine umfassende Beurteilung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers, wobei auch in der Revision offen bleibt, welche Bedeutung den erhobenen Kriterien für die betriebliche Verwendung überhaupt zukommt.

Die Auswertung mag zwar nicht zum Personalakt gegeben werden, kommt dem Arbeitgeber aber zu und ist weitere fünf Jahre lang beim extern beauftragten Unternehmen abrufbar. Da sie nach Angaben des Unternehmens zu 15–20 % für die Auswahl von Führungskräften relevant ist, stellt sie zwar nicht das ausschließliche, aber ein jedenfalls gewichtiges Beurteilungskriterium dar. Im Übrigen ließe sich bei einem bloß unbedeutenden Hilfsmittel eine betriebliche Relevanz noch weniger rechtfertigen.

Aufgrund der großflächigen Verwendung der Tests war daher von einem generellen Verfahren auszugehen, nicht bloß von individuellen Maßnahmen. Derartige Systeme zur Beurteilung von Arbeitnehmern des Betriebs, die nicht durch die betriebliche Verwendung gerechtfertigt sind, bedürfen aber der Zustimmung des Betriebsrats (in Form einer Betriebsvereinbarung). Auf die im Einzelfall freiwillige Teilnahme an den Tests durch die Arbeitnehmer kommt es dabei nicht an (OGH 27.02.2018, 9ObA94/17i).

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