Arbeitsrecht 6/2022

1. Irrtümliche Überweisungen

Ein Arbeitgeber überwies einer Arbeitnehmerin über einen Zeitraum von 13 Monaten mit vom Arbeitgeber blanko unterfertigten Zahlungsüberweisungen  einen Gesamtbetrag von € 11.425,- in sechs Überweisungen. Der Arbeitgeber wollte sein Geld zurück, die Arbeitnehmerin wandte gutgläubigen Verbrauch ein. Der Oberste Gerichtshof gab dem Arbeitgeber recht: Die Arbeitnehmerin ist zur Rückzahlung verpflichtet. Von einem gutgläubigen Verbrauch kann nicht ausgegangen werden, wenn es sich dabei im Verhältnis zu ihrem regelmäßigen Gehalt (hier: rund € 1.500,-) um keine geringfügige Überzahlung handelte und daneben die Gehaltszahlungen des Arbeitgebers in gleichbleibender Höhe flossen. Die Arbeitnehmerin hätte bei einer objektiven Beurteilung an der Rechtmäßigkeit der ausbezahlten Beträge zumindest zweifeln müssen. Dabei schadet es auch nicht, wenn den Überweisungen vom Arbeitgeber blanko unterschriebene Überweisungsaufträge zugrunde lagen und nicht festgestellt werden konnte, durch wen die (missbräuchliche) Ausfüllung des Blanketts erfolgte. (OGH 15.12.2021, 9 ObA 103/21v).

2. Vorbereitungshandlungen zu selbstständiger Konkurrenztätigkeit

Ein Dienstnehmer gründete gemeinsam mit einem ehemaligen Kollegen vor dem Ende seines im März 2019 über Initiative der Arbeitgeberin einvernehmlich per 31. 12. 2019 aufgelösten Dienstverhältnisses eine GmbH als Konkurrenzunternehmen im Bereich der Schankanlagentechnik . Der Arbeitgeber sprach daraufhin eine Entlassung aus – zu Unrecht, wie der Oberste Gerichtshof jüngst entschied:

Da es bis Jänner 2020 gar kein marktreifes Produkt mit technischen Details und Preiskalkulationen gab, konnten die beiden Gesellschafter der neu gegründeten GmbH noch gar keine Konkurrenztätigkeiten ausüben. Eine nachteilige Wirkung vor dem Ende des Dienstverhältnisses war daher für die Arbeitgeberin nicht zu befürchten.

Als wichtiger Grund, der den Dienstgeber zur vorzeitigen Entlassung berechtigt, ist es anzusehen, wenn ein Angestellter ohne Einwilligung des Dienstgebers ein selbstständiges kaufmännisches Unternehmen betreibt oder im Geschäftszweig des Dienstgebers für eigene oder fremde Rechnung Handelsgeschäfte macht. Nach ständiger Rechtsprechung fallen vorbereitende interne Handlungen zur künftigen Ausübung einer selbstständigen Berufstätigkeit nicht unter das Konkurrenzverbot. So stellt etwa die Anmeldung eines eigenen Gewerbes oder auch der Ankauf einer für die künftige selbstständige Gewerbeausübung notwendigen Maschine noch keine unzulässige Nebenbeschäftigung dar. Ebenso wenig reicht die bloße Gründung eines selbstständigen kaufmännischen Unternehmens ohne Aufnahme des Geschäftsbetriebs für die Tatbestandsverwirklichung. Dem Dienstnehmer bleibt es unbenommen, noch während der Dauer seines Dienstverhältnisses Vorbereitungshandlungen zum Betrieb eines selbstständigen kaufmännischen Unternehmens in der Zeit nach Beendigung seines Dienstverhältnisses zu setzen. Ein Entlassungsgrund war somit im konkreten Fall nicht gegeben OGH 29. 11. 2022, 8 ObA 85/21i).

3. Wegfall eines Überstundenpauschales bei Schwangerschaft

Das Mutterschutzgesetz sichert schwangeren Arbeitnehmerinnen im Fall einer Änderung der Beschäftigung, die aufgrund bestimmter, im Mutterschutzgesetz normierter Beschäftigungsbeschränkungen (zB wegen des Verbots von Nachtarbeit) erforderlich ist, einen Anspruch auf Weiterzahlung des bisherigen Arbeitsentgelts. Nicht umfasst von der Weiterzahlungspflicht des Dienstgebers ist aber das Entgelt für die Leistung von Überstunden, und zwar auch dann nicht, wenn zulässigerweise ein Überstundenpauschale vereinbart war. Dies gilt auch für Mehr- und Überstundenleistungen, die bislang im Rahmen von Nachtdiensten erbracht wurden; der Arbeitgeber muss somit auch ein Überstunden- oder Mehrdienstpauschale, mit dem geleistete Nachtdienststunden abgegolten werden, während der Schwangerschaft nicht weiterzahlen (OGH 25. 1. 2022, 8 ObA 35/21m).

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