Arbeitsrecht 7/2020

1. Kündigungsanfechtung bei Widerspruch des Betriebsrates

Ein Arbeitnehmer wurde von seinem Arbeitgeber gekündigt. Der Betriebsrat hatte der Kündigung widersprochen. Daraufhin focht der Arbeitnehmer die Kündigung bei Gericht an und begehrte, die Kündigung wegen Sozialwidrigkeit für rechtsunwirksam zu erklären. Zu keinem Zeitpunkt gab es Kontakt zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitnehmer.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, das Berufungsgericht gab in weiterer Folge der Berufung des Arbeitnehmers statt und die Rechtssache landete durch die Erhebung eines Rekurses letztendlich vor dem Obersten Gerichthof. Der Oberste Gerichthof stellte das klagsabweisende Ersturteil mit folgender Begründung wieder her:

Widerspricht der Betriebsrat einer Kündigung, dann steht ihm auch primär und ausschließlich das Anfechtungsrecht zu. Die Anfechtung einer Kündigung durch den Betriebsrat setzt jedoch voraus, dass der Arbeitnehmer eine solche verlangt. Da der Kläger jedoch weder vor der Kündigung noch nach Ausspruch der Kündigung innerhalb der maßgebenden Frist ein dem Betriebsrat bekannt gewordenes Verhalten setzte, aus dem auf ein Verlangen hätte geschlossen werden können, hatte weder der Betriebsrat noch in weiterer Folge der Kläger ein Recht auf Kündigungsanfechtung (OGH 24.1.2020, 8 ObA 48/19w).

2. GPS-Ortungssystem im Dienstwagen

Ein Arbeitgeber baute seinem Arbeitnehmer ohne dessen Kenntnis und Zustimmung ein GPS-Ortungssystem in das Dienstfahrzeug ein, welches zahlreiche GPS-Daten jederzeit übertragen konnte. Auch während der privaten Nutzung wurde der Arbeitnehmer geortet. Das GPS-System konnte außerdem den Batteriepegel überwachen und erkennen, wann die Zündung eingeschalten wurde. Die erfassten Daten konnten vom Geschäftsführer, Vertriebsleiter, Produktionsleiter und von der Innendienstleiterin jederzeit über das Internet angesehen werden. Es existierte kein Betriebsrat, daher gab es auch keine Betriebsvereinbarung über die GPS-Ortung. Der Arbeitgeber nutzte das GPS-Ortungssystem auch nicht zur strategischen Vertriebssteuerung.

Der Arbeitnehmer forderte seinen Arbeitgeber mehrmals schriftlich und mündlich zur Unterlassung der Überwachung (zumindest in der Freizeit) auf, dies jedoch erfolglos. Die GPS-Ortung brachte dem Kläger erhebliche Unannehmlichkeiten. Er wurde beispielsweise von seinem Vorgesetzten angerufen und gefragt, warum er von zu Hause so spät weggefahren sei. Der Arbeitnehmer wollte das Dienstfahrzeug verständlicherweise nicht mehr während seiner Freizeit verwenden und nutzte deshalb sein eigenes Auto. 

Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Entscheidungen der beiden Vorinstanzen, die dem Kläger einen immateriellen Schadenersatzanspruch in der Höhe von € 2.400 zugesprochen haben, mit folgender Begründung:

Der Arbeitgeber hat mit dem GPS-Ortungssystem eine technische Maßnahme zur dauernden Kontrolle seiner Vertriebsmitarbeiter eingeführt, die die Menschenwürde berührt. Dadurch wurde die vom Arbeitnehmer in den Betrieb miteingebrachte Privatsphäre kontrolliert. Für die Zulässigkeit einer solchen Kontrollmaßnahme wäre aber jedenfalls eine Betriebsvereinbarung oder die einzelvertragliche Zustimmung des Arbeitnehmers notwendig gewesen. Der Arbeitgeber hat daher durch die Verwendung des GPS-Ortungssystems im Dienstfahrzeug des Arbeitnehmers während der Arbeitszeit und Freizeit rechtswidrig und schuldhaft in die Privatsphäre des Arbeitnehmers (höchstpersönlicher Lebensbereich) eingegriffen. Ferner handelte es sich auf Grund der Intensität und des Ausmaßes der Verletzung auch um eine erhebliche Verletzung der Privatsphäre (OGH 22.1.2020, 9 ObA 120/19s).

 

 

Share on FacebookTweet about this on TwitterShare on LinkedInShare on Google+Email this to someone