Arbeitsrecht 9/2022

1. Änderungsvorbehalt im Dienstvertrag

In einem Dienstvertrag wurde festgehalten, dass die Dienstnehmerin teilzeitbeschäftigt war, wobei der Arbeitgeber die Möglichkeit hat, je nach Bedarf das Ausmaß bis zu fünf Stunden abzuändern. In der Folge wollte der Arbeitgeber die Arbeitszeit der Klägerin von 18 auf 17 Wochenstunden reduzieren. Im Verfahren war strittig, ob diese einseitige Anordnung durch den Arbeitgeber zulässig war. Dies wurde vom OGH verneint:

Nach dem Arbeitszeitgesetz sind Ausmaß und Lage der Arbeitszeit zu vereinbaren und die Änderung des Ausmaßes der regelmäßigen Arbeitszeit bedarf der Schriftform. Eine Möglichkeit des Vorbehalts hinsichtlich der Verringerung der Teilzeitarbeit ist im Gesetz nicht vorgesehen eine einseitige Änderung des Dienstvertrages ohne Zustimmung des Dienstnehmers ist ebenfalls gesetzlich nicht vorgesehen. Ein Änderungsvorbehalt, der letztlich darauf hinausläuft, dass der Dienstnehmer auf den gesetzlich zwingend eingeräumten Anspruch auf vertragliche Festlegung des Ausmaßes der Arbeitszeit verzichtet, ist daher unwirksam (OGH 14.07.2022, 9 Ob A 57/22s).

2. Vorbereitung einer Konkurrenztätigkeit

Ein Entlassungsgrund liegt vor, wenn ein Angestellter ohne Einwilligung des Dienstgebers ein selbstständiges kaufmännisches Unternehmen betreibt oder im Geschäftszweig des Dienstgebers für eigene oder fremde Rechnung Handelsgeschäfte macht.

Nach ständiger Rechtsprechung fallen vorbereitende interne Handlungen zur künftigen Ausübung einer selbstständigen Berufstätigkeit nicht unter das Konkurrenzverbot (zB Anmeldung eines Gewerbes, Ankauf einer notwendigen Maschine, Gründung eines Unternehmens ohne Aufnahme des Geschäftsbetriebs).

Im konkreten Fall hatte der Kläger mit einem ehemaligen Kollegen gemeinsam eine GmbH gegründet, die ein Konkurrenzunternehmen zum Dienstgeber darstellte. Es gab noch keine operativen Tätigkeiten und auch keine Hinweise auf eine gezielte Kundenakquise. Der Kläger teilte nur bei einer einzigen Gelegenheit einige Visitenkarten der GmbH aus, ohne zu diesem Zeitpunkt schon Produkte verkaufen zu können.

Da es keinen Plan gab, mit der eigentlichen Geschäftstätigkeit vor Ende des bestehenden Dienstverhältnisses zu beginnen, lag auch kein Entlassungsgrund vor (OGH 29.11.2021, 8 Ob A 85/21i)

3. Gutgläubiger Verbrauch von Entgelt

Ein Arbeitgeber überwies einer Arbeitnehmerin über 13 Monate einen Überbezug von € 11.425 in 6 Überweisungen. Das normale Gehalt betrug rund € 1.500.

Die Rückzahlungsforderung des Arbeitgebers war berechtigt, weil es sich um keine geringfügige Überzahlung handelte und die Gehaltszahlungen ansonsten immer in gleichbleibender Höhe flossen. Die Arbeitnehmerin hätte bei objektiver Beurteilungen der Rechtmäßigkeit der ausbezahlten Beträge zumindest zweifeln müssen.

Ein gutgläubiger Verbrauch konnte daher nicht eingewendet werden und die Dienstnehmerin hatte die Beträge zurückzubezahlen (OGH 15.12.2021, 9 Ob A103/21v)

4. Bekanntgabe einer zustellfähigen Anschrift

Ein Arbeitnehmer ist verpflichtet, seine Wohnanschrift und auch einen späteren Wohnsitzwechsel dem Arbeitgeber bekanntzugeben, damit der Arbeitgeber ihm gegenüber rechtsgeschäftliche Erklärungen abgeben kann.

Im konkreten Fall war die Klägerin dauerhaft dienstabwesend und der Arbeitgeber wollte eine Kündigung zustellen. Er verwendete die letzte bekanntgegebene Wohnadresse, dort war eine Zustellung aber nicht möglich. Da die Mitarbeiterin aber ihren Wohnsitzwechsel nicht bekanntgegeben hatte war die Zustellung der Kündigung dennoch wirksam.

Die Klägerin meinte, der Arbeitgeber hätte eine private E-Mail-Adresse verwenden müssen. Der OGH erwiderte, dass es sich dabei um keine gleichwertige Kontaktmöglichkeit mit einer Postadresse handelt, weil es mehrere gesetzliche Verpflichtungen gibt, nur schriftlich zu kündigen. Da E-Mails mangels Unterschrift nicht dem Schriftformgebot entsprechen (außer sie haben eine qualifizierte elektronische Signatur), könnte sonst keine Kündigung ausgesprochen werden.

Da die Klägerin auf die Aufforderung des Arbeitgebers, eine zustellfähige Wohnadresse bekanntzugeben, selbst nach Androhung der Kündigung nicht reagierte, stellte dies eine gröbliche Verletzung der Dienstpflichten dar (OGH 22.04.2022, 8 Ob A 19/22k).

 

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